Verona Diaries - News



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Sonntag, 30.03.2014 [Woche 122-123]
by XShipper   
Ella, die Retterin in der Not    




Dass die paar Tage mit meinen Schwiegereltern so anstrengend werden würden, hätte ich nicht für möglich gehalten. Doch ab dem Moment Ihrer überhasteten Anreise bis zu ihrer Abreise, bei der wir auf unserer Türschwelle standen und zum Abschied winkten, mussten wir irgendwie die Lüge aufrechterhalten, mit der alles begonnen hatte.

Es konnte ja nun keiner ahnen, dass Roberts Eltern zuhause alles stehen und liegen lassen würden. Die Sache mit dem Kindermädchen war von ihm leider aus reinem Eifers des Effekts heraus konstruiert worden – natürlich braucht Valentina kein Kindermädchen mehr. Wenn, dann bin ich das, und selbst das bin ich schließlich schon lange nicht mehr einfach nur.

Als ich mit meinem Mann abends im Bett lag, sich trotz des vollen Hauses die Stille wie die Dunkelheit der Nacht ausbreitete, sah ich ihn skeptisch an. Das Zwielicht des Mondes bot eine ideale Kulisse für ein Zwiegespräch mit meinem Mann. Und ich fragte ihn: „Ein Kindermädchen?“, boxte in seinen Oberarm und fügte hinzu „Das nächste Mal lässt du dir was besseres einfallen!“ Robert erhaschte meine Hand, zog mich an sich und, bevor er mich küsste, hauchte er noch „Das nächste Mal lässt mich besser nicht wieder allein!“

Solange also Charlotte und Werner da waren, brauchten wir selbstverständlich kein Kindermädchen. Insgeheim war ich aber froh, dass dennoch Valentinas Oma mit all ihrem Wissen da war. Trotz guter Ausbildung und täglichen Umgangs mit einer Vielzahl von Kindern sind Omas dieser Welt goldwert. Zusammen machten wir die besten Wadenwickel, um das Fieber unserer Kleinen zu senken – Omi das linke Bein, Mami das recht Bein, oder andersrum, aber stets spielerisch zur persönlichen Unterhaltung von Valentina, die somit trotz aller Krankheit und überhöhter Temperatur damit nie ihr Lachen verlor.

Und Robert und Werner sind sich ähnlicher als es sich die Männer vielleicht eingestehen wollen, denn stets saßen sie gemeinsam am Krankenbettchen oder auf dem Sofa, wenn wir dieses tagsüber als Krankenlager für Valentina hergerichtet hatten, und erzählten der armen Prinzessin die wunderbarsten Märchen. Und das waren ganz unterhaltsame Geschichten, die die beiden Herren drauf hatten. Die hätte ich besser mit einer Videokamera aufzeichnen sollten. Die Ausdrucksstärke auf Werners Gesicht war zu komisch, wahrlich bühnenreif und Valentinas Lachen schallte durch die ganze Wohnung.

Abgesehen davon waren beide Herrschaften aber anstrengend. Die Tage zogen sich allmählich wie Kaugummi in die Länge, und aus einer Lüge wurden schnell unzählige. Eines Abends lagen wir beide wach im Bett und starrten an die Decke über uns. Mir brannte was auf der Seele und mir blieb keine andere Wahl, auch wenn ich Gefahr laufen sollte, Robert damit zu verletzten.

„Robert, haben deine Eltern schon gesagt, wann sie wieder abreisen?„ “Oh Gott, ich dachte, du fragst nie!“

Verwundert drehte ich mich zu ihm um und starrte nun ihn an.

“Was? Hast du nicht mitbekommen, was die alles noch mit uns unternehmen wollen? Ich liebe meine Eltern, ja, und ich freu mich für Valentina, aber ich glaube kaum, dass ich noch eine weitere Woche oder sogar länger mit Ihnen unter einem Dach aushalte.“ „Du solltest aber froh sein, solche Eltern überhaupt zu haben, Robert! Die gleich alles stehen und liegen lassen –„ “Was sie aber nicht hätten machen brauchen!“ „Mir brauchst du das nicht sagen! Aber nun sind sie hier.„ “Wir müssen uns aber was einfallen lassen. Alles fing mit dieser blöden Kindermädchen-Geschichte an. Gibt es da keine Möglichkeit, aus der Sache wieder raus zu kommen?“

Ich verzog eine Augenbraue und erinnerte ihn an das arme Mädchen, welches jetzt mit zwei gebrochenen Armen von ihren Geschwistern zuhause belagert wird. Doch ich hatte da schon eine Idee, und so rauften wir uns bis zu später Stunde zusammen.

Das Glück ward uns hold, denn wie der Zufall es so wollte, bekam Werner am Frühstückstisch einen Anruf mit einem dringenden Auftrag. Er lehnte jedoch ab mit der Prämisse, dass er hier bei uns gebraucht wird. Robert und ich tauschten einander viel sagende Blicke aus und wussten, dass wir damit unseren Aufmacher hatten. Jetzt musste nur noch eine ganz bestimmte Person mitspielen! Und was Werner konnte, war getreu dem Motto „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ auch Robert inne – im schauspielerischen Sinne.

Wie war das noch gleich? Charlotte und Werner waren nur hier, weil Robert und ich zuviel zu tun hatten und das Kindermädchen krankheitsbedingt ausgefallen war? Was also, wenn – oh Wunder – eben besagtes Kindermädchen wieder gesund wäre? Während sich Roberts alter Herr den Kopf zerbrach, wie er Job und Familie doch noch zusammen unter einen Hut bekommen könnte, Charlotte auch unruhig deswegen wurde, fingierten wir für unsere Show einen Anruf, in dem uns unser Kindermädchen, welches wir natürlich überhaupt nicht hatten, mitteilte, sie wäre wieder auf dem Dampfer. Daraufhin ernteten wir überraschte Blicke, als es kurz darauf auch schon an unserer Türe schellte. Insgeheim rann mir der Schweiß in Bächen, auch Robert ging es den Umständen entsprechend nicht anders. Eiligst öffnete ich die Tür und begrüßte überglücklich unser Kindermädchen: Ella!

Viel Zeit hatte ich nicht gehabt, sie einzuweihen, somit wusste sie praktisch gar nichts, was eigentlich auf sie zukam. Aber kaum war sie da, zog ich sie auch schon in die Wohnung und präsentierte sie freudestrahlend meinen Schwiegereltern. Wo ist die verdammte Kamera, wenn man sie mal braucht. Deren Blicke waren zu köstlich. Und Ella erst. Es war das erste Mal, dass ich sie sprachlos erlebte. Und dann kam Valentina angerauscht! Ihre Wadenwickel hinter sich herschleifend, kam sie aus ihrem Zimmer gerannt und sprang meiner neuen, besten Freundin praktisch in den Arm.

„Ella, Ella!“ rief sie und machte damit unsere Schmierenkomödie perfekt. Ein besseres Alibi hätten wir uns nicht wünschen können. Dass wir augenscheinlich wieder eine Kinderbetreuung hatten, die von Valentina vergöttert wird, stimmte Charlotte und Werner zufrieden. Und so schnell konnten wir gar nicht gucken, wie mein Schwiegervater auch schon mit seinem Handy im Flur verschwunden war, um seine Pläne zu ändern. Dass seine Ex-Frau etwas geknickt wirkte, war ihr anzusehen. Doch Robert verstand es, sie davon überzeugen, dass wir nun wieder alles selbst in Griff hatten, Valentina ja auf dem Weg der Besserung sei und, wenn sie beide gehen wollten oder müssten, wir sie nicht länger in Beschlag nehmen würden… schließlich hatten sie schon so viel für uns getan. Charlotte druckste noch etwas und haderte mit sich, wollte sie doch eigentlich noch mit Valentina in den Zoo, sobald sie gesund geworden wäre.

Doch es war wenig verwunderlich, dass noch am selben Tag das Taxi vor unserer Tür stand und wir die letzten Koffer runter brachten. Der Abschied war kurz, die Taschentücher wedelten dafür im Wind noch lange, bis wir das Auto nicht mehr sahen. Kurz darauf drückte mir Ella Valentina in den Arm und meinte nur grinsend, ehe auch sie sich verabschiedete, dass die ganze Gesichte dazu am nächsten Tag im Kindergarten hören will.

Tja, so waren wir wieder allein in Verona. Wir konnten wieder normal unseren Alltag verleben, unserer Dinge wie gewohnt nachgehen und waren einfach nur froh, dass unser Lügengeflecht bis zuletzt gehalten hatte. Aber nicht nur dieses schwebte noch lange im Raum, auch eine andere Sache, die aufgrund der verzwickten Situation nicht zu Sprache gekommen war. Vielleicht vermied es Robert auch extra. Dennoch war ich froh darüber und auch erleichtert.

An jenem Abend lagen bereits im Bett, eng umschlugen und mein Kopf auf seiner Brust gebettet, als ich ihn danach fragte.

„Du hast deine Eltern nicht nach dem Geld gefragt, oder?„

Lange Zeit folgte nichts und ich war schon versucht zu glauben, dass Robert bereits eingeschlafen und meine Frage einfach verhallt wäre, doch dafür war sein Atem noch zu unruhig. Nur ein einfaches Nein war seine Antwort und ich meinte daraufhin, bevor meine Lider schwer wurden, dass es vielleicht auch besser so sei. Ich erhielt keine weitere Reaktion, also schlief ich ein.

Den Besuch im Zoo holten wir mit Valentina nach, nachdem sie von den Röteln genesen war. Auch ohne Omi und Opi hatten wir einen tollen, lustigen Tag als kleine Familie. Eigentlich wäre Ella auch gerne mit ihren beiden Männern mitgekommen, doch ihr Sohn war noch nicht fit genug. Vielleicht beim nächsten Mal. Wir hielten unseren Spatz, der mittlerweile nicht mehr so federleicht war, zwischen uns an den Händen und schwangen sie hin und her. Ihr Lachen mischte sich unter das der anderen Kinder, die ebenfalls mit ihren Familien im Zoo unterwegs waren. Und schnell hatte sich seine Horde von ihnen gebildet, unter die sich auch Valentina mischte, die selbstständig die Gehege und Tiere erkundeten. Robert und ich liefen Arm in Arm hinterher und amüsierten uns ebenfalls. Besondere Freude hatten wir alle an den Primaten im Affenhaus. Selbst unsere Kleine quetschte sich an so manchen Glaswänden die Nase platt. Und wenn die Masse vor ihr zu viel war und sie nichts mehr sehen konnte, nahm ihr Papa sie hoch und setzte sie auf seine Schultern. Vor allem die Nasenaffen hatten es ihr angetan – warum auch immer. Aber später zuhause malte sie ein ums andere Bild von ihnen. Eines davon war extra für ihre Großeltern und sie bestand darauf, dass wir es ihnen als Geschenk schickten.



Der eine Affe darauf hatte eine ziemlich lange Nase. Und obwohl es das Männchen aus dem Zoo war, welches besonders laut brüllen konnte, musste ich an unweigerlich an Pinocchio und seine Nase denken, die bei jeder Lüge länger wurde.

Deine