Sonntag, 25 März 2012 [Woche 24]
by XShipper
Frühjahrsrundgang durch Verona



die Küche auf dem Hof meines Bruders, die Jacob nach Debbies Plänen umgebaut hatte, ist sowohl rustikal als auch hochmodern – ich war richtig erstaunt. Selbst Robert leuchteten die Augen und er war fast nicht mehr da wegzukriegen. Dass der Bauernlümmel das alles so hinbekommen hat, alle Achtung! Aber er meinte ganz beiläufig, er hätte viele Helfer gehabt sowie einen günstigen Kreditgeber, sonst hätte er vermutlich die Küche nie und wenn dann nur recht spartanisch bauen können. Weiter wollte er das Thema nicht vertiefen und winkte ab, als ich ihn darauf ansprach. Ich meine, beim Bad kam er ja noch wie ein Betteljunge zu mir getrottet und haute mich, seine Schwester, um Geld an, weil er sonst die schicke Wanne, auf die Debbie (be-)stand, nicht hätte finanzieren können. Nun scheint es, als übernähme er Eigenverantwortung und Selbstinitiative – was ich schön finde, mich freut es wirklich für ihn. Zumal das bedeutet, er kommt seinem Wunschbauernhof einen Schritt näher. Ich hoffe nur, er behält seine Kosten und Ratenzahlungen im Blick. Bei den Geldhaien heutzutage muss man ja vorsichtig sein. Aber selbst wenn er mich gefragt hätte, aushälfen hätte ich ihm nicht können. Schließlich kommt meine eigene Karriere nur langsam in Schwung, auch wenn sie gerade an Fahrt aufnimmt.

Mein deutscher Verleger hatte sich bei mir gemeldet und fragte nach, wie es mit dem zweiten Kinderbuch aussieht. Außerdem hätte er Pläne, um „Emil lernt fliegen“ auch auf dem italienischen Markt zu veröffentlichen – wenn ich schon hier wohne. Die Italiener sind ganz närrisch nach Kindergeschichten. Und gerade das nächste Stück um Romeo und Julia sei perfekt. Ich hatte denen daraufhin die ersten Entwürfe zukommen lassen – ich hoffe, man schickt sie mir wieder zurück, denn es waren die Originale… sonst hätte ich dir jetzt was davon zeigen können. Habe ich hier keine Skizzen mehr?

Naja, und seit Mittwoch gehe ich endlich wieder arbeiten – das ging plötzlich ganz schnell, sodass ich zur Probe gleich da blieb, als Robert und ich Valentina in die Einrichtung brachten. Unsere Süße hat sich so darüber gefreut, dass sie mich an die Hand nahm und mich ihren kleinen Freunden vorstellte (eine davon war so eine riesige, gelbe Ente), mir ihr Spielzeug zeigte, ich auf ihr Bettchen Probeliegen sollte und und und. Bei meinen neuen Kolleginnen musste ich mich mehrmals entschuldigen, aber sie kicherten nur und freuten sich mit uns mit. Nun arbeiten Mann und Frau, und das Thema Haustier wurde erneut auf Eis gelegt. Ich frage mich echt, ob das mit dem Hund noch in diesem Leben klappt.

Selbst unsere eigene Familienplanung will nicht so ganz glücken. Ich telefonierte neulich mit Laura, der Ehefrau von Roberts Bruder, Alexander. Die wünschen sich auch noch ein Baby. Ja, Kinder gehen halt ganz schön ins Portemonnaie – Telefonate zu diesem Thema vor allem. Aber es tut einfach gut, mit jemanden darüber sprechen zu können. Debbie freut sich zwar immer, wenn wir einander uns besuchen kommen und sie dann mit Valentina rumtollen darf. Aber sie ist auch jedes Mal froh, wenn sie die Kleine wieder abgeben kann. Zuerst kommt bei ihr die Uni, dann der Bauernhof, irgendwo dazwischen befindet sich Jacob, aber Kinder findet man auf ihrer Liste noch lange nicht. Und Giannis Freundin… oder ist sie schon seine Verlobte? …steht zu gern an seiner Seite und kümmert sich lieber um die Gäste. Obwohl auch sie Valentina abgöttisch liebt, aber eigene Kinder müssen bei ihr jetzt noch nicht sein. Wenn es passiert, ok, aber bis dahin… Ich wäre froh, wenn es bei uns mal plötzlich passieren würde.

Mit Valentina passiert so schon allerhand Plötzliches! Wir hatten gestern einen Mädels-Tag: die oben Genannten, das Prinzeschen und ich. Wir bummelten östlich des Flusses Etsch, deren Ufer zahlreiche Kirchen und altrömische Stätte zieren. Debbie führte uns zielstrebig durch „ihr“ Universitätsviertel und wir schlenderten über geschwungene Straßen zwischen hohen Mauern, die wiederum hinauf zu diversen Hügeln führen. Im kleinen Veronetta hatten wir hier und da frühlingshafte Kleider sowie hübsche Hütchens eingekauft, und beim Bummeln und Eis naschen wurden wir natürlich von allerhand charmanten Kerlen bezirzt – wenn das unsere Männer erfahren, oh oh. Der Ausblick von da auf Verona war auch einfach traumhaft.

Zum Spielzeugmuseum „La Casa dei Sogni“ wie auch zum Fabelwald „Bosco delle Fiabe“ in den nördlichen Hügeln von Verona hatten wir es leider nicht mehr geschafft, aber das wäre mal ein idealer Ausflug für den ganzen Tag im verwunschenen Park mit Picknick als Familie. Dann aber auch mit dem Bus, denn für die kleinen Füße von Valentina wäre dieser Mordsanstieg von fast 500 m bergauf einfach zu lang und keine allzu positive Angelegenheit.

Wir gelangten aber bis zur romanischen Kirche „San Giovanni in Valle“, die sich nach langer, ereignisreicher Geschichte nun weitestgehend im ursprünglichen Gewand zeigt. Debbie offenbarte großes Interesse an den architektonischen Baustilen verschiedener Jahrhunderte mit dem Glockenturm, dem von Säulen und Pfeilern getragenen Dachstuhl sowie dem Gemälde „Madonna und Heilige“ – für das ich mich wiederum sehr begeistern konnte –, die nun den Betsaal stimmungsvoll erhaben lassen.

Im nahegelegenen „Sprachrüpel“ aßen wir anschließend oben auf der Terrasse günstige Veroneser Küche und ließen den Tag dann hinter einer Mauer gegenüber der Kirche ganz gemütlich ausklingen, während Valentina sich auf dem dortigen öffentlichen Spielplatz so richtig austoben konnte. Was nicht unbedingt bedeute, dass sie sich auch auspowerte. Als wir zurück zur Brücke „Ponte Pietra“ gehen wollten, um wieder in die Innenstadt zu gelangen, habe ich nur einen Moment nicht aufgepasst; dabei war eigentlich alles schick. Valentina lief neben uns und wollte in den Wagen noch nicht wieder rein. Wir Frauen schnatterten und lachten, und schon war das Kind plötzlich weg! Ehe wir uns versahen, war sie die Stufen an der Seite der Brücke runter gekrakzelt – sie liebt Treppen über alles – und lief schnurstracks Richtung Wasser!

Der Fluss ist herrlich, ohne Frage… um seine Füße darin baumeln zu lassen, während die Sonne knallt, aber ein Kind da rein fallen lassen!!! Oooh, war das ein Schreck. Natürlich war sie daraufhin ziemlich trotzig und wollte fast den ganzen Weg nach Hause keine Ruhe mehr geben, nachdem ich sie davon wegzog. Bis ich ihr sagte, dass, wenn sie weiter alle Leute anschreit und sie überall sitzen bleibt, es keinen süßen Hundi geben wird. Dass es den vorerst wohl auch so nicht gibt, weil ich jetzt erst einmal mit meinem neuen Tagesrhythmus klarkommen muss, verschwieg ich natürlich.

Gerade in solchen Situationen sind kleine Kinder nicht gerade einfach. Und wie war das noch mit dem zweiten Baby, was Robert und ich uns wünschen? Aber in ein paar Wochen ist Ostern, vielleicht sieht die Welt dann da schon wieder ganz anders aus.

Deine