Verona Diaries - News


Wenn der Fantag nicht gewesen wäre... ja, das denkt sich grad eure "Verona Diaries"-Autorin, die gestern Nacht noch mit Eumeline die ganzen Fantag-Eindrücke für euch zusammenstellen wollte. Aus, Schwarz, Nichts! Das war allerdings die Reaktion des Rechners! Bedauerlicher Weise muss diese technische Katastrophe erst einmal geklärt und hoffentlich repariert werden. Bis dahin bleiben Eva und ihre Angehörigen auf der Flucht vor Curt Heinemann! Wir bitten um euer Verständnis!

Montag, 24.06.2013 [Woche 87]
by XShipper   
Sommernahctstraum    



Liebes Tagebuch,

Ich könnte mir keinen schöneren Abschluss einer langen, ereignisreichen Woche vorstellen als das eben Geschehene. Robert hatte mich zu einem heißen Techtelmechtel auf unserer Terrasse verführt. Unter der heißen Mittagssonne war ich mir nicht mehr sicher gewesen, ob die Strahlen dieses Sommers meine Haut zu verbrennen drohten oder ob es noch die feurigen Spuren von Roberts Berührungen waren. Letztlich war es mir egal, denn hinterher war ich glücklich und blickte zufrieden empor ins wunderschöne Blau des Himmels.

Und wie ich allein noch da auf der Decke lag und der gleißenden Sonne schutzlos ausgeliefert war, freute ich mich insgeheim bei diesen trocken heißen Temperaturen von fast 40 Grad Celsius schon über eine perfekte Körperbräune ohne lästiger Bikini-Spuren. Ich kniff derweil die Augen zusammen und der angenehmen Ruhe lauschend, weil dieses Wüstenwetter scheinbar jeden anderen Menschen und die Vögel erschlagen hatte, sann ich darüber nach, ob das Rauschen in meinen Ohren vom kalten Wasserfall aus der Dusche stammte, der sich über den verschwitzten Körper meines Mannes ergoss, oder ob mein Blut noch immer kochend durch mich hindurch bis zu den kleinen Zehen und in die Fingerspitzen floss – vermutlich war beides der Fall.

Ich sehnte mich augenblicklich nach dem erfrischenden Nass und den feuchten Perlen auf seiner muskulösen Haut, die ich sogleich beneidete, da sie es waren, die ihn berührten und nicht ich, sodass ich mich auf meine wackeligen Beine aufrichtete und dem lodernden Zentralgestirn unserer kleinen Galaxie den Rücken kehrte.

Auf dem Weg ins Bad öffnete ich einen Spalt breit die Tür zu Valentinas Zimmer, um mich ihres tiefen Schlafes zu vergewissern, und setzte dann meinen Weg fort Richtung … tja, erwartete ich Abkühlung oder ein erneutes Feuerwerk der Gefühle? Ich wollte es drauf ankommen lassen.

Gleichwohl konnte ich anfangs nur vermuten, was ihn zu dieser doch recht überrumpelnden „Wohltat“ trieb – Robert hatte mich die letzten Tage nicht für sich allein. Entweder war er wieder Stunden über Stunden im Restaurant beschäftigt und konnte seine geschätzten Gäste endlich selbst mit allerhand Gaumenfreuden verwöhnen, oder ich war außer Haus und amüsierte mich andernorts mit anders wem, sodass es ihm verwehrt blieb, mich zu verwöhnen. Na ja, und wenn wir denn doch mal zusammen waren, dann eben aber nicht unter uns in unseren eigenen vier Wänden.



Aber jedes Mal spürte ich seine Blicke auf mir, die mich anfangs noch rätseln ließen, doch letztlich Bände sprachen und mich eigentlich hätten wissen lassen müssen, zu was diese Sehnsucht in seinen Augen führen würde. Und so stand ich nun mit klammer Hand am Türknauf und wartete auf den einen Impuls, der mich dieses magische Schloss der Büchse von Pandora öffnen lassen würde.

Neulich Nachmittag klingelte es an unserer Haustür. Und als ich nicht schnell genug hineilte, läutete es erneut und es klang noch dringender. Nach den schrecklichen, tiefschneidigen Ereignissen war ich ja vorsichtig geworden und fragte nach dem penetranten Klingler, der sich gekonnt dem Spion entzog. Als jedoch die schrille Stimme, die dem grellen Klingelton im Nichts nachstand, erklang, riss ich die Tür sofort auf und wildes Mädchengeschrei erfüllte die Flure des Hauses. Tanja war zu Besuch und war so aufgedreht wie eh und je.

Zu Silvester hatte sie versprochen, wieder vorbei zu kommen, wenn es sich einrichten ließe. Und obwohl ich enttäuscht darüber war, dass sie alleine kam, war ich froh über ihr Erscheinen. Fabien war bei seinem Vater am Fürstenhof, daher nutzte seine Mama die Gelegenheit für eine kleine Reise. Schade nur für Valentina, die sich sicherlich über einen Spielkameraden und blonden Schnuckelputz gefreut hätte. Okay, dafür war sie noch zu jung… aber wir Frauen noch lange nicht zu alt, um aufgeregt rumzuhüpfen und rumzukreischen, dass man uns sicherlich über die Grenzen Italiens hinaus gehört haben musste.

Tanja hatte von den 100-jährigen Opernfestspielen in der Arena gehört und wollte sich unbedingt eine der Vorführungen ansehen; und damit die Reise nicht allzu teuer ausfallen würde, klimperte sie mit ihren großen Kulleraugen und lächelte verschmitzt. Ich knuffte in ihre Seite und seufzte übertrieben – von wegen Freunde besuchen… bei Freunden schlafen wollte sie, um die Übernachtungskosten zu drücken. Aber was tun Freunde nicht alles füreinander. Auf der Couch würde sie allemal Platz finden und für die paar Tage würde das schon gehen. Tanja war glücklich und erleichtert, dass wir ihr den Überfall nicht übel nahmen. Robert freute sich auch und schwang seine kleine Freundin mehrmals im Wohnzimmer im Kreis umher, bis beide fast umfielen und daraufhin zu lachen anfingen. Und ich beobachtete die Szenerie und fühlte mich an alte Zeiten erinnert – herrlich.

Da wir jedoch nicht mit ihr gerechnet hatten, musste sich unsere Freundin die erste Zeit tagsüber selbst eine Beschäftigung suchen. Jedoch ist das in Verona kein Problem – kaum geht man aus dem Haus, um die Ecke rum, steht man auch schon mitten im Getümmel und auf einem der schönsten Plätze von Shakespeares Lieblingsstadt. So ging sie vormittags allein, aber stets mit einem Lächeln auf den Lippen durch die schmalen Gassen, flanierte entlang der teuren Auslagen der Schaufenster oder trank einen Latte Macchiato mit mehr Zucker drin als Milch in einen der unzähligen Cafés. Wenn Tanja jedoch Hunger hatte, kam sie mittags zurück und setzte sich ins „12 Apostoli“, wo sie dann zusammen mit Robert an einem Tisch saß und durchaus vor lauter Quasselei schon mal das Essen vergaß. Als besonders geschätzte Freundin konnte sie den Umstand genießen, dass sie stets auf Kosten des Hauses speisen durfte – als bester Freund lud er sie stets ein und wollte partout ihr Geld nicht annehmen. Die langen Gespräche mit ihr waren ihm Entlohnung genug.

Sobald ich aber mit Valentina von Kindergarten nach Hause kam, gingen wir auf die Piste und amüsierten uns zu dritt. Wenn die Sonne tief stand, brachten wir als Mama-Doppelpack die kleine ins Bett und zogen erneut in diesen herrlich lauen Sommernächten um die Häuser, ferner machten wir das Nachtleben von Verona unsicher, nur um irgendwann nachts lallend und lachend in unserem Wohnzimmer einzukehren und mit Robert, der zwischenzeitlich endlich Feierabend gemacht hatte, weiter zu feiern bis der Morgen graute – ob er nun wollte oder nicht.



Zu guter Letzt konnten mein Mann und ich es kurzerhand sogar einrichten, dass wir mal später mit unserer Arbeit anfingen, sodass wir als kleine Gruppe in einem Restaurant auf der Piazza Bra direkt an der Arena di Verona frühstückten. Es sollte der letzte Tag für Tanja sein, denn an jenem Abend hatte sie für die Oper gebucht und tags darauf musste sie zeitig abreisen, um ihren Sohn wieder fest in die Arme schließen zu können.

Fast eine ganze Woche war sie bei uns gewesen und doch kam es mir viel kürzer vor, nun wo sie wieder weg war. Aber währenddessen hatte ich das Gefühl, ihr Besuch würde ewig währen. Vielleicht ging es Robert ähnlich, obwohl es eine willkommene Abwechslung für uns beide war und wir so viel Spaß miteinander hatten. Nur aufgrund der Blicke, die er mir in scheinbar unbeobachteten Momenten zuwarf, wurde ich nun den Verdacht nicht los, dass etwas an ihm nagte. Ich musste herausfinden, was es war.

So kam es also, dass ich nun vor dieser Tür stand, hinter der sich die Antwort auf mein eigenes, kleines Rätsel verbergen sollte. Es war wie ein Spiel, in dem die Würfel bereits gefallen waren und die Spielkarte mir deutete, mit nur einem Schritt vorwärts würde ich das große Los ziehen. Ich lauschte… wollte ich doch sichergehen, dass Robert noch unter der Dusche stand. Und Tatsache hörte ich ihn singen. Das italienische Lied von diesem Musik-Contest, der vor einigen Wochen war. Ich lächelte, dass mir die Mundwinkel wehtaten, weil sich mein Mann mehr und mehr zu einem waschechten Italiener gemauserte hatte. Und ich war komplett gerührt. Ich verstand nicht viel, nur die letzten Zeilen waren für mich klar hörbar, da er diese besonders inbrünstig und voller Leidenschaft hinaus gellte – übersetzt ungefähr so:

„Zurück zu dir. Du, von der ich glaube, das Essentielle dieser Welt zu sein. Liebe hält sich nicht an Regeln, sie nimmt dir den Atem und raubt dir deinen Durst. Wenn die Welt in ihre Einzelteile zerfällt, wende ich mich ab von meinen Exzessen und schlechten Angewohnheiten. Dann kehre ich zurück zum Ursprung, zurück zu dir. Denn für mich bist du das Bedeutungsvollste auf dieser Welt.“

Er sang es auf seine eigene Weise und es berührte mich zutiefst. Es war zwar keine Erklärung für sein stürmisches Verhalten. Aber für sein Bedürfnis, mich für sich zu besitzen! Mit einem Kribbeln im Bauch öffnete ich schließlich die Badezimmertür und ging zu meinem Liebsten, der für mich das Wichtigste auf dieser Welt geworden war. So trat ich ihm auch gegenüber. Durch die Glasscheibe hindurch trafen sich unsere Blicke und unsere Hände hafteten für einen Moment vollkommener Stille auf der glatten Oberfläche. Die seine so viel größer und stärker, meine im Vergleich so grazil und klein – und doch passten sie perfekt aufeinander. Wenn sie doch nur nicht voneinander getrennt wären! Und als ob wir von dem gleichen Wunsch getrieben wurden, öffneten wir gemeinsam diese letzte, uns trennende Barriere.

Deine