Sonntag, 10 Juni 2012 [Woche 35]
by XShipper
Forza Italia!  



das Herz meines Mannes fühlt sich hin- und hergerissen – dieser Tage schlägt es für unser fernes Deutschland wie auch für unsere neue Heimat Italien. Und eigentlich sollte doch wieder Ruhe eingekehrt sein, nachdem unser Besuch Anfang der Woche abgereist war, um wiederum bei sich in Brüssel Besuch vom Fürstenhof zu empfangen. Aber das Land bebt zurzeit voller Spielfreude und Hoffnung. Gerade die war ja in den letzten Wochen ob der vielen Erdbeben wie Krisen in den Keller gerauscht.

Von da unten komm ich soeben her, habe nun zur Beruhigung oder zur Feier Wein und Sekt geholt. Hoffentlich geht das nicht nach hinten los – in einem Moment der Unachtsamkeit hatte sich Valentina die große Sektflasche gegriffen, welche ich zusammen mit dem Wein nur kurz vor der Theke abstellte, und sich darüber amüsiert, wie diese auf dem Boden Runde um Runde drehen kann sowie aus der Küche rausrollt. Ups!

Ich bin ja nicht so die große Weinliebhaberin, mit dem Sekt hab ich es in letzter Zeit auch nicht so, aber Robert genießt ihn gut und gerne. Und als Genießer, der er ist, hoffe ich, ihm heute mit einer süßen Liebelei zu überraschen! Valentina war meine fleißige Vorkosterin… und ihr feiner Geschmackssinn ist da sehr wählerisch. Der eine Löffel mit etwas Schokolade hatte ihr jedenfalls so sehr geschmeckt, dass sie gleich die ganze Schüssel wollte. Zum Glück sind ihre Ärmchens noch zu kurz, um über die ganze Tischplatte greifen zu können. Das Missfallen darüber war dann natürlich groß. So musste ich als Mama tief in die Trickkiste greifen und zaubern, damit die Prinzessin den mir wirklich geglückten Inhalt vergisst – mit einem Stullchen mit der leckeren selbstgemachten Marmelade von ihrem Papa.

Doch, ich bin stolz auf mich, wie ich mich in diese Rolle eingefuchst habe. Von unserer Kleinen habe ich das volle Vertrauen und die Akzeptanz… na gut, Valentina kennt es ja nicht anders. Aber ich als erwachsener Mensch, der die ganze Vergangenheit kennt und um die Umstände weiß, fühle mich immer wieder dabei ertappt, wie ich mir – früher mehr, heute schon weniger – in bestimmten Momenten einrede, mir stünde weder die Erziehung noch ihre Liebe zu. Ich weiß, dass das Quatsch ist. Und natürlich wird Miriam immer ihre Mutter sein, aber ich bin die, zu der sie Mama sagt. Auf das auf mich eindreschende Gefühlschaos bin ich aber mal gespannt, wenn mich irgendwann 2 Kinder-Augenpaare ganz groß anschauen und zu bestechen versuchen.

Von draußen vom Hof her dringen laute Fangesänge und sich wiederholende Passagen der Nationalhymne an mein Ohr. Die nächsten Wochen, wenn denn alles gut geht, werden aufregend für Land und Leute. Aber da ich mit deinen Seiten haushalten muss, liebes und bereits volles Tagebuch, und weil diese Woche sonst nichts weiter Erwähnenswertes passiert ist, werde ich mit der Süßen nun noch mal kurz runter gehen. Auf den Leinen, die hier zwischen den Häuserreihen gespannt sind, hängen Wimpel der Nationalfarben. In jedem Eck-Café und auf den Terrassen der Restaurants gibt es spontane Menschenansammlungen, die gemeinsam vor den eiligst aufgestellten Großbildfernsehen stehen. Straßenfeste sprießen wie Blumen hervor, wo Alt und Jung sich bis in die Abendstunden hinein amüsieren sowie bunte Flaggenmuster ins Gesicht malen lassen können. Das Wetter ist schön… vielleicht kauf ich auf der Piazza Erbe ein süßes Shirt für Valentina mit „I ITALY“ drauf – ich glaube, da würde dann Robert heute Abend das Herz bei dem Anblick seiner Tochter aufgehen.

Au ja, die Freude mach ich ihm, also bis bald…