Verona Diaries - News


Zu unserem 100. Tagebucheintrag von Eva Saalfeld
möchten wir den Gewinnern unseres Jubiläumsgewinnspiels recht herzlich gratulieren.



Sonntag, 05.01.2014 [Woche 113]
by XShipper   
Ein bunter Tag!    




Na, was für ein Abschied vom alten Jahr und was für ein furioses Neustart ins Jahr 2014. Ich weiß, ich bin spät dran, was das Füllen deiner Seiten belangt, aber hier ging echt alles drunter und drüber! Es ist so wahnsinnig viel passiert und wiederum doch nicht wirklich was, worüber ich großartig ausschweifend und umfassend berichten könnte.

Das, worauf ich mich eigentlich am meisten noch gefreut hatte, geschah dann gänzlich ohne mich. Sogar komplett ohne uns! Das ist mir vielleicht ein Pärchen. Seit der Frühwehen-Attacke bei Tiziana hatte ich sie kaum mehr zu Gesicht bekommen bis sie und Gianni komplett ausgeflogen waren. Carlos rief uns an, dass beide zu den Verwandten gefahren waren, er nun hinterher reise und dafür deren Restaurante für diese Zeit schließen müsse. Völlig irritiert hakten wir nach und erfuhren so, dass im engsten Kreise der Familie eine kleine Hochzeitszeremonie stattfände und danach die frisch vermählte Braut sich endlich ihrer Niederkunft widmen dürfte. Mein Unverständnis wuchs natürlich, auch war ich traurig, dass wir an all diesen schönen Dingen nicht teilhaben durften. Dieses Gespräch fand noch vor Weihnachten statt. Mittlerweile hatten wir Post erhalten, dass es Mutter und Kind wohlauf geht und Gianni stolzer Papa und Ehemann ist. Natürlich bin ich glücklich für die junge Familie, aber der Umschlag liegt seither etwas abseits und recht stiefmütterlich unbeachtet in einem Schubfach im Bücherregal. Sobald sie aber aus ihrem „Urlaub“ zurückkommen, werden wir ihnen einen Besuch abstatten. Und dann wollen wir nicht nur die Eheringe begutachten, sondern auch endlich ihr Baby sehen.

Dafür bescherte uns ein anderer Babybauch einen Besuch, denn am Weihnachtstag klingelte es an der Türe. Wir dachten schon, wir hörten von draußen ein kräftiges HO HO HO und selbst Valentina rannte los, um als erste an der Gegensprechanlage zu sein. Dass sie an der diese noch nicht rankommt, stört sie weniger – dann zappelt sie meistens nur ungeduldig davor stehend oder streckt sich vergebens solange, bis einer von den Großen endlich da ist. Mein Bruder und seine Freundin waren es nicht, die befanden sich ebenfalls im Winterurlaub und wollten Weihnachten in einer traumhaften Hütte in irgendeiner malerischen Landschaft verbringen – ganz romantisch eben! Aber Verwandtschaft war es dennoch, der ich dann Eintritt gewehrte. Eine große, schwer aussehende Tüte voller Geschenke ließ ich als Wegezoll gelten und so traten Marlene und ihr Vater in unsere Wohnung.



Robert trocknete sich noch schnell die Hände ab, die zuvor noch in einen traditionellen Gnocci-Teig gesteckt hatten, und staunte nicht schlecht, als er dann um die Ecke lugte. Sein Halbbruder war nicht unter unseren Gästen. Gerade auf Konstantin hatte sich mein Mann so gefreut und nun war dieser nicht mit angereist. Unsere langen Gesichter konnten wir nicht verbergen, aber Marlene hatte eine gute Erklärung für seine Abwesenheit. Bar hier, Bar da, Bar überall, bla bla bla! Entschuldige, aber ich war schon geknickt und diese weitere Enttäuschung drückte auf die Stimmung. Wir als Gastgeber wollten uns zwar nichts anmerken lassen, aber es fühlte sich seltsam an, das nun überschüssige Geschirr vom gedeckten Tisch nehmen zu müssen und alles wieder neu auszurichten.



Wir hatten für das Weihnachtsessen nichts Sonderbares oder dergleichen, so mussten wir aus der Situation eben einfach das Beste draus machen. Zum Glück verging die Wartezeit, bis das Essen fertig war, dennoch recht zügig. Marlene und ich unterhielten uns über die nicht so schönen Dinge einer Schwangerschaft und lachten sogar, als wir beim Thema Morgenübelkeit angelangt waren. Es tat wahrlich gut, diesen Aspekt auch endlich mal von seiner komischen Seite aus betrachten können und so empfand ich es als einfach, ihr gegenüber zu erzählen, wie weit wir grad waren und dass ich für die Klinik ein ziemlich dämliches Journal führen soll. Allein der Banalität wegen verfielen wir wieder in schallendes Gelächter und ich musste aufpassen, dass ich vor lauter Lachen nicht lauthals auspustete, was für’n Kram ich da alles rein schreiben muss wie die Statistik, wie oft Robert und ich… naja! Dass die Männer uns von gegenüber immer wieder skeptische Blicke zuwarfen, half auch nicht und meine Wangen taten schon ganz weh. Marlene selbst drückte es immer wieder auf die Blase.

Kaum, dass wir uns an den Tisch begeben wollten, schrillte die Klingel erneut und Valentina hatte sofort einen Affenzahn drauf. Sprintete sie doch aus ihrem Zimmer kommend gleich mit ihrem Mini-Stuhl bewaffnetet zum Flur. Die Kleine lernt dazu! Bei Mama und Papa hatte sie stets aufpasst, welche Knöpfe wir drückten, und so presste sie ihren kleinen Daumen gegen den richtigen. Sie stand schon auf ihren Zehenspitzen auf der eigentlichen Sitzfläche, doch lediglich ihre Ärmchen reichten ran. Vermutlich hatte sie Angst, man könne sie so gar nicht hören, weil ihr Kopf ja viel zu weit drunter war, so brüllte sie förmlich ein freudiges „Hallo, ciao-ciao?!“ Robert war zum Glück schneller als ich und somit zuerst bei Valentina, um sie vorsichtig vom Stuhl zu heben. Da müssen wir uns wohl noch was einfallen lassen… Gerade als ich vorsichtshalber fragen wollte, wer denn da sei, klopfte es. Anscheinend hatte Valentina auch noch unbeabsichtigt den Türöffner gedrückt. Unser Staunen war in dem Moment natürlich riesig. Plötzlich fühlte ich mich selbst wie ein kleines Kind und sah auch in Robert das Leuchten in den Augen. Was für eine Überraschung, es war Konstantin.

Die Halbrüder lagen sich herzlich in den Armen und klopften sich mannsstark gegenseitig auf ihre Rücken, dass es nur so schallte. Ich musste eine Pirouetten-Drehung über mich ergehen lassen, als mich Konstantin in den Arm nahm, und hätte mit meinen Füßen beinahe noch die Garderobe mitgerissen, bevor er mich breit grinsend wieder absetzte und mir links wie rechts ein Küsschen auf die Wange drückte. Ein Ächzen von der Seite war Roberts einziger Kommentar dazu und sein Halbbruder ließ – immer noch grinsend – von mir ab. Endlich konnten wir Weihnachten feiern so wie wir es vorgestellt hatten. Und wie in einem Märchen hatten auch wir unser Happy End an jenem Abend. Wir speisten lange, gut und ausgiebig, hatten nie enden wollende Gesprächsthemen, rupften voller Elan und Aufregung das Papier von unseren Geschenken, lachten miteinander oder lagen uns in den Armen und freuten uns mit Valentina, die unsere Herzen wärmte. Recht unkonventionell, chaotisch und gemischt, aber dennoch eine Familie – das waren wir am Weihnachtsabend.

Die Woche bis zu Silvester verging wie im Fluge. Wir hatten die Gelegenheit genutzt und waren mit Konstantin, Marlene und ihrem Vater an den weiteren Tagen gemütlich in Verona unterwegs, mischten uns unter das Volk, ließen uns im „12 Apostoli“ kulinarisch verwöhnen und bestaunten die festlich geschmückten Sehenswürdigkeiten unserer Stadt. Unsere Gäste gaben sich dann praktisch die Klinke in die Hand. Der Abschied fiel uns sichtlich schwer, doch vor allem Robert bedankte sich abermals dafür, dass man uns so gekonnt hinter das Licht geführt hatte und die Freude somit umso größer war, dass Konstantin doch noch dabei sein konnte. Marlene gab ich die besten Wünsche mit auf den Weg ins neue Jahr und sie machte mir wiederum Mut, dass sich auch für uns das Schicksal zum Positiven wenden würde. Nur wenig später vibrierte dann mein Handy mit einer Nachricht von Markus, dass sie sich verfahren hätten. Also schickte ich ihm eine Wegbeschreibung und nur wenige Minuten später hupte vor unserer Haustüre sein Auto, aus dem er zusammen mit seiner Schwester Lena ausstieg.

Es kommt selten vor, dass ich für irgendetwas so schnell die Treppen runter hechte, aber in dem Moment tat ich es – wieso erinnert mich das irgendwie an Valentina – und fiel Markus regelrecht um den Hals, was uns gegen die Tür seines Wagens katapultierte. Wäre ich nicht wirklich sehr glücklich mit dem besten Mann der Welt verheiratet, könnte selbst ich auf die Idee kommen, ich benehme mich wie eine liebestolle, pubertierende Teenagerin, die sehnsüchtig auf ihren Schwarm gewartete hatte. Aber das war mir vollkommen egal. Markus ist mein Freund, einer meiner besten Freunde, und ich habe ihn verdammt noch mal vermisst. Erneut verlor ich den Boden unter den Füßen und auch dieser Herr ließ es sich nicht nehmen, mich bei der Umarmung hochzuheben. Markus gab sich alle Mühe, angestrengt zu klingen und nuschelte in meine Halsbeuge was von „Boah, bis du aber schwer geworden!“ So etwas würde ich als Kommentar bei Kindern erwarten, aber das er das bei mir sagte, ließ mich nur verdutzt gucken, nachdem er mich nach Atem ringend wieder abgesetzt hatte. „Hast du zugenommen?“, fragte er mich mit einem prüfenden Blick, den ich über mich ergehen lassen musste. Unter anderem Umständen sind solche Blicke durchaus angenehm und bereiten einem ein Kribbeln im Bauch. Doch da ich wusste, worauf er versuchte anzuspielen, eben nur durch die Blume gesprochen, boxte ich ihm in den Oberarm und meinte schnippisch mit einem Grinsen auf den Lippen, damit er wusste, dass ich ihn sehr wohl verstanden hatte: „Mein Mann hatte das mit dem Verwöhnen an Weihnachten sehr ernst genommen und war darin ganz akribisch und sehr genau!“

Aus den Augenwinkeln heraus konnte ich Robert sehen, der mit großen Ohren sehr wohl meine kleine Unterhaltung mit Markus mitbekommen hatte, obwohl er gerade auf der Beifahrerseite Lena begrüßte. Ich zwinkerte ihm zu und grinste in mich hinein – stolz über meine eigene eindeutig zweideutig gemachte Aussage. Wahrlich hatten wir es nachts schwer, leise zu bleiben, wenn wir das Schlafzimmer praktisch auf den Kopf stellten und uns nicht selten danach am Fußende unseres Bettes schwer atmend und vor Schweiß nur triefend wieder fanden. Im Wohnzimmer hatte Veit auf der Couch übernachtet, während Marlene und Konstantin in unserem Gästezimmer geschlafen hatten. Ok, was die allabendlich vielleicht getrieben hatten, hätte ich auch nicht hören wollen.

Die Stimmung war heiter und locker, und während wir unsere Freude praktisch erst begrüßt hatten, sagten wir nur wenige Stunden später dem alten Jahr lebe wohl. Mit ein paar weiteren Bekannten aus der Gegend zogen wir um die Häuser, bis uns letztlich eine Bar gefiel, die noch nicht allzu sehr überfüllt war. Es war schon recht spät, da wir zuerst noch Valentina ins Bett gebracht hatten und ihr versprachen, dass wir nicht lange weg sein würden, wenn das ganze Feuerwerk ihr irgendwie zu viel werden würde. Aber erstens kann sie wahrlich wie ein Stein schlafen, sobald sie erst einmal eingeschlafen ist, und zweitens bereitet ihr Knallzeug keinerlei Schrecken. Unsere kleine ist taff. Aus dem kurzem Zeitfenster, das uns zum Feiern zur Verfügung stand, versuchten wir das Beste draus zu machen und die gefundene Bar erwies sich als genau richtig. Die Musik war klasse und lud regelrecht zum Tanzen mit wilden Moves ein.



Dennoch war sie nicht zu laut und es gab genügend Ecken und noch freie Sitzmöglichkeiten, dass man sich unterhalten oder rumblödeln und Spaß miteinander haben konnte.



In so manch dunklen Ecken sah man auch Pärchen sitzen, die das anscheinend nicht nur wörtlich interpretierten.

Robert versuchte derweil ein paar Momentaufnahmen mit seinem neuen Smartphone, was er zu Weihnachten von mir bekommen hatte, zu schießen, um sie für die Nachwelt festzuhalten.



Unglücklicherweise war auf der Rückseite davon wohl Dipp- oder Sahnesauce oder irgendwas anderes, was ich nicht identifizieren konnte, rauf gekommen und in dem Moment, wo er mich fotografieren wollte, musste ich mir echt ein Lachen verkneifen.



Tja, und irgendwann geht jeder Tag zu Ende, so auch dieser. Als plötzlich die Musik runtergedreht wurde und die feiernden Leute mit dem Countdown anfingen, schnappten sich einige von uns ihre Jacken und rannten hinaus, damit sie das Feuerwerk live mit ansehen konnten. Robert und ich hingegen blieben im Warmen, machten es uns gemütlich und grölten von 10 abwärts, bis um Punkt Mitternacht Jubelschreie die Bar erfüllten, Sektkorken knallten und sich mit dem draußen gezündeten Raketen und Böllern konkurrierten.

Ganz privat und nur zu zweit in einem Partyschuppen voll mit Menschen wünschten wir uns gegenseitig ein frohes neues Jahr!



Deine