Verona Diaries - News

Ho Ho Ho!



Das Jahr 2012 niegt sich dem Ende zu und das Verona Diaries
Team bedankt sich herzlich bei allen Lesern für Ihre Treue

Sonntag, 17.02.2013 [Woche 70]
by XShipper   
Die Kuchenschlacht    



Ich muss mich etwas kurz halten und beeilen. Es ist mal wieder Sonntag, und sonntags macht Robert sein Restaurant eher zu als an anderen Tagen und am nächsten Tag hat er sogar frei, so dass er Valentina für den Kindergarten fertig macht oder, wenn ich auch Urlaub habe, wir den Tag gemeinsam nutzen.

Nun ja, das ist zwar gerade nicht der Fall, denn morgen habe ich nicht frei, aber dennoch nutzen wir den Abend und gehen uns amüsieren – als ob wir das nicht schon die ganze Woche über gemacht hätten, aber Karneval zählt nicht.

Diesbezüglich muss ich dir ja noch davon berichten, wie es mit der Back-Wette zwischen Gianni und meinem Mann ausging. Ich muss verkünden, dass im internen Wettstreit mein geliebter 3-Sternekoch am Ofen versagte. Eigentlich gar nicht seine Art, wo er doch ständig und immerzu an seinem ultimativen Rezept gefeilt hat. Zuhause war er sich so sicher gewesen, etwas so köstlicheres, so saftiges und so typisch italienisches könnte es weit und breit nicht ein zweites Mal geben.



Aber eine innere Unruh hatte ihn schließlich gepackt, die er sich selbst nicht erklären konnte. Als sich der gesamte Freundeskreis, ein paar geschätzte Stammgäste wie Familienangehörige beider Seiten in der großen Küche auf Giannis Anwesen versammelten, um feierlich live dabei zu sein, verzettelte sich Robert mit seinen Zutaten, vertat sich in der optimalen Backzeit und servierte uns allen einen recht trockenen, leicht versalzenen Karnevalskuchen, der vielen Anwesenden den Übergang in die Fastenzeit so gar nicht schmackhaften machen wollte.

Robert war frustriert, verständlich… nicht wahr. Mir tat er so leid, nur was ihn bekümmerte blieb ihm und uns anderen unklar. Er konnte es nicht erklären, warum er so wirsch drauf war. Und wenn ich es nicht besser wüsste, ist er es immer noch. Ich kenne das von meiner Mutter… natürlich ist es lange her, dass sie und mein Ziehvater starben. Aber ich weiß noch, wie ich in der Schule beim Sport mal ganz schlimm stürzte und zusammen mit meinem Bruder als mein Begleiter und Aufpasser früher nach Hause geschickt wurde – da stand sie bereits vorne an der Pforte und empfing uns dort. Sie hatte es geahnt, dass was nicht stimmte und wollte gerade los zum nächsten öffentlichen Telefon ins Dorf, um sich in der Schule nach unserem Wohlbefinden zu erkundigen.

Und andersherum war es irgendwie genauso. Ich mag an den Tag nicht denken, an denen Jacob und ich unsere Eltern verloren, aber tief im Inneren meines Herzens spürte ich es wie ein Krampf, der mich in die Knie zwang… als ob meine Seele genau wusste, dass ein Teil von ihr und Menschen, die ich liebte, knallhart und einfach so vom Schicksal aus unser beider Leben gerissen wurden.

Welch trübsinnige Gedanken plagen mich da eben, oh man. Damit wollte ich dich eigentlich nicht belasten. Es tut mir leid. Eigentlich hatte ich vor, dir davon zu erzählen, was wir stattdessen also heute vorhaben und wie der Rest der Woche ansonsten verlief. Bevor ich mich hier also noch ganz verzettle, kurz das Thema Valentinstag.

Die Schmach am Vorabend hatte Robert irgendwie über Nacht erst einmal verdaut und machte für uns ein wunderbares, recht romantisch angehauchtes Frühstück. Natürlich musste er mich wecken. Eine durchaus süße Vorstellung, vom eigenen Mann aus dem Reich der Träume entführt, um im Land der kuscheligen Kissen und warmen Decken wie feuchten Küssen aufzuwachen. Doch im ersten Moment erschrak ich eher, als ich die müden Augen öffnete und Robert direkt über mich gebeugt sah.



Dem ersten Schrecken folgte schnell Heiterkeit – darin ist mein Mann ein Genie! Daher hatten wir als Familie noch einen lustig schönen Vormittag, bis mein Mann mit einigen Stunden Verspätung zur Arbeit musste, nur um ihn dann wenig später beim romantischen Dinner an einem süß dekorierten Tisch im „12 Apostoli“ wiederzusehen. Die hübsche Deko fiel allerdings schnell Valentina zum Opfer, die im Hochstuhl für kleine Kinder sitzend, nach der Decke gegriffen hatte.

George war zum Glück schnell zur Stelle und rettete die Gläser auf ihrem Flug gen Boden, bevor sie auf dem Fliesen je zerschmettert wären. Keine Panik, der Rest verlief fast frei von Katastrophen… abgesehen von Valentina, die mit der ganzen Soße im Gesicht und auf ihrem Kleidchen ziemlich katastrophenreif aussah. Valentinstag hin oder her – es standen wunderbar duftende Rosen entlang der Fensterbanken wie auch auf unserem Tisch, es gab einen sehr mundigen Rosé-Wein und Roberts Kochkreation ließ dieses Mal nicht zu wünschen übrig.

Oh, mir läuft die Zeit davon – ich höre schon, wie Robert fertig ist mit Duschen. Ich habe ja eingangs erwähnt, dass wir heute Abend noch was vorhaben. Ich sitze hier bereits fertig angezogen in einem wunderschönen Kleid, welches mir mein Mann spät am Valentinsabend noch überreichte. Üblicherweise mache ich es mir ja recht gemütlich, wenn ich ein paar Zeilen auf deine Seiten verfasse, aber nun sitz ich hier kerzengrade und fast steif auf dem Bett – ziemlich ungemütlich. Aber was tut man nicht alles, wenn man die neue Abendgarderobe nicht zerknittern möchte noch ehe man das Haus verlassen hat.

Wenn Robert heute nicht so spät Feierabend gemacht hätte, wären wir vermutlich auch schon längst unterwegs. Wir fahren zu ein paar Freunden, um mit ihnen den Karneval traditionell zu verabschieden. Ein letzter großer Umzug fand heute bereits bei denen statt und nun soll alles sprichwörtlich in Flammen aufgehen. Für das große Lagerfeuer hatten Valentina und ich fleißig Luftschlangen gebastelt und bunte Eierschalen bemalt, die allesamt als Fruchtbarkeitssymbole an die für das Feuer verwendeten Baldachinzweige gehangen werden.

Alles ist gepackt, ich bin fertig und warte nur noch auf Robert – irgendwie verkehrte Welt, hihi. Ich freu mich jedenfalls schon auf das leuchtende Feuer und auf den leckeren Glühwein, den es dazu geben soll. Und hoffentlich kommt Robert auch schnell auf andere Gedanken und kann mithilfe der ganzen Zeremonie seine bösen Geister fortjagen. Und sollte das nicht helfen, wäre vielleicht mal ein Anruf bei seinen Eltern nicht verkehrt. Mit ihnen zu reden und in Erfahrung zu bringen, ob wenigstens dort alles ok ist am Fürstenhof, täte ihm bestimmt gut.

Deine