Verona Diaries - News


Zu unserem 100. Tagebucheintrag von Eva Saalfeld
möchten wir den Gewinnern unseres Jubiläumsgewinnspiels recht herzlich gratulieren.



Sonntag, 08.12.2013 [Woche 111]
by XShipper   
Schwanger werden ist nicht schwer - oder doch?    




Wie gut, dass ich dich habe… die Ärzte meinen, ich sollte meine Gedanken, Erwartungen und auch Ängste niederschreiben. Was auch immer nun vor uns liegt und kommen mag, wird schwierig werden und an uns nagen. Jede noch so kleine Sorge könnte sich negativ wie eine Sturmwelle in uns ausbreiten und jede genetische Vervielfältigung wie die schwarze Pest ausmerzen – seit wann ist Schwangerwerden so episch? Seit wann kümmert es meinem Körper, was mein Gehirn sich zusammen spinnt? Die Ärzte meinen, nur positives Gedankengut sei bei der Reproduktion förderlich… und der allerneueste medizinische Fortschritt sowie jede Menge Geld würden zum Erfolg führen.

Ich glaube, da fängt der Kummer an. Allein schon diesen Klinikaufenthalt für die paar Tage zu organisieren und zu finanzieren war nicht einfach; und als es endlich los ging, schien es so, als käme alles aus heiterem Himmel und so plötzlich. Vielleicht hatte ich es auch nur verdrängt? Dabei lagen die Einladung und die Broschüre ja schon seit Wochen im Wohnzimmer rum. Zuerst auf dem Tisch, dann hatten wir ja darin kurz rumgeblättert, bis sie in einen der Buchreihen im Regal verschwanden.

Es war jedenfalls nicht angenehm, wo ich es mir doch so ganz anders vorgestellt hatte. Aber an Pipetten, Bechern und sterilen Räumen ist nichts herzlich oder wirklich positiv… es war beklemmend und beängstigend. Und dieses Gefühl ist nicht förderlich für die „Re-Produktzierung“. Die Ärzte taten wahrlich gut daran, mir vorzuschlagen, ich solle meine Empfindungen über die ganze Sache schriftlich ausdrücken. Auch wenn ich dich bereits habe, muss dennoch ein Teil hiervon in ein Protokollheft nochmals festgehalten werden.

Unsere ersten Termine bestanden lediglich darin, dass wir zusammen saßen und alle Eventualitäten mitsamt ihrer Dauer und deren Kosten durchgingen. Welche gesundheitlichen Voraussetzungen hierfür unsererseits vorzuliegen haben und welche Strapazen und gar Rückschläge auf uns warten. Wir lernten unsere persönliche Crew kennen, ein kompetentes und wirklich teures Ärzteteam, und gestalteten den Terminplan für die kommenden Aufenthalte und die entsprechenden Untersuchungen mit den folgenden Eingriffen.

Größtes Manko bleibt jedoch das Geld! Schwangerwerden ist nicht mehr unsere ganz alleinige, private Angelegenheit, sondern wie ein offenes Buch mit lauter Fakten und Preisen auf klinisch sterilen Seiten. Mir wird schlecht.

Als wir bei einen unserer vorerst letzten Besprechungen zusammen saßen, hielt Robert meine Hand so fest, dass beinahe jegliches Blut aus ihr entwich und so bleich wurde wie sein Gesicht. Die Heimfahrt wurde von Stille begleitet und dauerte schier endlos. Dabei wollten wir nur noch Heim und Zuflucht in unseren eigenen vier Wänden suchen, die soviel Wärme und Geborgenheit ausstrahlen, gegen die jede Klinikwand kalt wie der Tod persönlich wirkt.

Debbie stand die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben, dabei sprühte sie so viel Tatendrang aus. Sie kam sogar mit der Idee an, ihren Dad anzuhauen und ihn ihm um Hilfe zu bitten. Aber erstens hatte der selbst eigene Sorgen und allerhand Probleme mit seiner Scheidung am Hals, und zweitens befürchtete sie, er würde ihr nicht glauben und könne denken, dass insgeheim sie das Geld bräuchte, und drittens würde er sowieso nicht so viel Geld für jemand anderen spenden, auch wenn Dr. Niederbühl und ich uns wohl gesonnen waren und er mir ein guter Freund damals am Fürstenhof war.

Jakob zuckte nur verzweifelt mit den Schultern und verwies auf die einstigen Schwierigkgeiten mit den Mafiahaien, die ihn immer noch argwöhnisch im Auge behalten. Der Verkauf seiner Ernte und den für das Weihnachtsfest gezüchteten Gänsen und sonstiges Vieh würden auch nicht ausreichen.

Unsere eigene Kreditwürdigkeit war wegen der Sturmschäden aufgebraucht und meinen Vater Gustl wollte ich nicht wegen so etwas fragen. Für ihn war die Empfängnis und Geburt von Gott gegeben und sollte nicht durch Menschen in weiß, die Götter spielen, manipuliert werden. Und mein Mann wagt es einfach nicht, Werner um Geld zu bitten, auch wenn dieser jetzt wieder einige Prozente vom Fürstenhof innehat. Aber nur, weil man ein Teilinhaber eines Luxushotels ist, bedeutet es nicht gleich, dass ganze Goldbarren im Safe liegen. Außerdem ist ihm dieses Thema peinlich und vermeidet es eh, es seinen Eltern gegenüber zu erwähnen – da bräuchte Robert schon eine gute Ausrede.

Bei all dem Wirrwarr fand ich nicht selten mich rücklings auf die Couch niedersinkend oder gar fallend wieder, nachdem ich das Wohnzimmer ein ums andere Mal neu gestaltete und umräumte.



Ich seufze oft dieser Tage und suche mein Seelenheil in den Feiertagen und darin, wenigstens dem Kind, was uns heilig ist, Freude zu bereiten und es meine Liebe zu zeigen. Hinzukommend habe ich mit der Wanddeko im Restaurant begonnen und sogar schon Pläne für Silvester gemacht. Markus und Lena haben sich bereits angekündigt. Sie wollen unbedingt mal den gefallenen Abendstern auf der Piazza vor der Arena mit ihren eigenen Augen sehen – vielleicht haben sie ja Glück. Ich freue mich schon sehr.

Robert vielleicht nicht so, aber er ist eh etwas miesepetrig drauf, seit wir die Furchtbarkeitsklinik verlassen haben. Spöttisch meinte er neulich, dass wir uns zu Weihnachten vielleicht einen eigenen Fond schenken lassen sollten, mit dessen Hilfe wir Spenden sammeln könnten. Ich weiß, er meint es nicht ernst – er ist nur verwirrt und vielleicht irgendwo in seinem tiefsten Inneren verletzt, traurig… und sauer auf das Schicksal, welches uns stets unstemmbare Bürden aufbrummt oder unüberwindbare Steine in den Weg zu legen versucht.

Deine