Sonntag, 05 August 2012 [Woche 43]
by XShipper   
Einfach mal hängen lassen    



Manchmal passiert auch einfach nix. Wir leben unseren Alltagstrott, tun jeden Tag das Gleiche und weder unterwegs noch zuhause geschieht etwas aufregendes, was die Welt da draußen – hier: dich – irgendwie interessieren oder unser aller Schicksal ändern würde. Die Kleinen werden größer, die Großen werden älter. Wir schlafen, wir ernähren und vermehren uns und laufen überall da hin, wo wir sein müssen oder uns unsere Füße hinführen.

In den Küchen dampft es – unten im Restaurant mehr als hier oben in der Wohnung –, Robert hatte sich am kleinen Finger mit einem Rouladen-Spieß verletzt und schrie auch wie am Spieß – ein kleines Pflaster sowie ein Kuss halfen jedoch sehr –, Valentina hat mal wieder eine Beule, weil sie sprichwörtlich ihren Dickschädel durchsetzen wollte – den sie ganz sicher von ihrem Vater hat –, Jacob drescht dieser Tage seine Bio-Kornfelder und Debby hilft ihm bei der zweiten Heumahd bezüglich der Wiesen für das Bio-Vieh – nur bei der Zwischenfrucht zum Aussäen und Unterpflügen für den Boden rätseln sie noch, was sie da nehmen dürfen, um damit das natürliche Gleichgewicht zu erhalten –, Italien hat noch immer mit den Folgeschäden der vielen Erdbeben zu kämpfen – die allgemeine Wirtschaftskrise erschwert den Wiederaufbau, aber manches gelingt nur allein durch Spenden – und beweist dafür im olympischen Wettbewerb ungeahnte Stärke.

Und ich? Wenn gerade mal wieder Nichts geschieht, erwische ich mich dabei wie ich an den Fürstenhof denke. Ich schwelge in alten Erinnerungen und Fotobüchern, krame alte Briefe hervor und lese sie erneut, skizziere sporadisch vor mich hin oder starre Luftschlösser in den Himmel. Manchmal werde ich beobachtet und merke es nicht einmal… dann erinnere ich mich an schöne oder gar traurige Momente, mein Mienenspiel im Gesicht spricht Bände, aber mein Mann ist zufällig zugegen und wundert sich, was mit mir sei.

Es ist ja nicht so, dass ich mich zurücksehne. Nicht, dass er noch glaubt, ich sei hier in Verona nicht glücklich… Gott bewahre. Aber manchmal kommt es mir wie der schiere Wahnsinn vor, was alles innerhalb so kürzester Zeit am Fürstenhof mit mir und mit uns geschah. In solchen Momenten fühl ich mich der Versuchung hin- und hergerissen… ich könnte doch dort mal wieder anrufen, einen netten Brief schreiben, oder mich für einen Kurzbesuch in den Zug setzen und einfach hinfahren (so verrückt war ich schon lange nicht mehr). Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht! Mal gucken, zu was ich mich die nächste Tage hinreißen lasse. Vielleicht sollte ich Robert einfach von dieser Idee erzählen, sodass er einen kleinen Urlaub für die Familie organisiert bekommt. Och, das wäre so schön! Das wäre für ihn außerdem eine gute Gelegenheit Miriams Grab zu besuchen, seine verstorbene Frau und die leibliche Mutter von Valentina.

Zwar würden all die schrecklichen Ereignisse wieder hochkommen und sicherlich würde ihm der Gedanke an sie wehtun, wenn er ihr wieder so nah wäre, aber letztlich haben wir Miriam viel zu verdanken! Sie brachte dieses wunderbare Kind zur Welt und machte Robert zu dem Mann, der er heute ist. Seine cholerische, aufbrausende und wilde, mitunter arrogante Art… er ist ruhiger geworden, doch!

Unser gemütliches Beisammensein im Park war diese Woche ja unser persönliches Highlight, über das es nicht allzu viel zu erzählen gibt. Denn was machte mein Männe? Der verschlief den halben Tag wie ein Baby, ließ sich von nichts stören… na gut, allzu viel war im Park eh nicht los, aber unsere Kleine rannte über das saftige Gras der Wiesen wie eine Weltmeisterin – wenn sie nicht gerade gegen einen Baum rannte und sich bereits oben erwähnte Beule holte. Zum Glück ging auch unserem Kind irgendwann die Puste aus, so war mir ebenso noch eine kleine Verschnaufpause vergönnt – mal etwas ausspannen und die sommerlichen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht genießen. So lässt es sich italienisch leben.



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