Verona Diaries - News


Na, wer von euch plant bereits den Sommerurlaub?
Zieht auf jeden Fall Mallorca mit in die Planung ein,
denn dort öffnete bereits am 1. März das
"Sturm der Liebe"-Café seine Pforten - immer eine Reise wert.

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Montag, 01.04.2013 [Woche 76]
by XShipper   
Das verschwundene Tagebuch    



Wenn ich mich jetzt noch einmal verschreibe, schmeiß ich dich in die Ecke! Mittlerweile sind die letzten beiden Absätze auf deinen vorherigen Seiten durchgestrichen und wenn ich mich um einen fetteren Stift bemühen würde, wäre hier auch schnell alles geschwärzt. Ich kann einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen… da helfen auch die Ablenkungen über Ostern nicht.

Und schon gar nicht die gestrige Suchaktion, als Valentina dich mal wieder versteckte und damit glaubte, mich mit diesem Ostergeschenk zu überraschen. Zuerst zweifelte ich an mir selbst, und irgendwo im hintersten Winkel meiner wirren Gedanken hatte ich bereits die wüsten Konspirationen erdacht, hinter denen allesamt Curt Heinemann steckte.

Er stahl mein Tagebuch, um zu erfahren, ob ich ihn erkannt hatte und ob ich mit diesem Wissen gleich zur Polizei gerannt war. Für ihn wäre es ein Leichtes gewesen, einfach abzuwarten, bis wir alle auf Arbeit gewesen wären, um bei uns einzubrechen. Ein Mann mit seinen Fähigkeiten hätte sich ganz einfach Zugang zu unserer Wohnung verschaffen und sich dann in Seelenruhe umsehen können. Du, mein Tagebuch, hättest ihm die beste Quelle geboten, um in Erfahrung zu bringen, was ich alles weiß.

Wie gut, dass ich es bisher keinem außer dir erzählt habe, sonst würden alle in Gefahr schweben. Mit diesem Bild im Kopf verzweifelte ich zusehends… bis ich dieses kindliche Kichern hinterm Vorhang vernahm. Dass mir schon fast die Tränen in den Augen standen, sah die Kleine in dem Moment, als ich sie fand, leider auch.

Nachdem ich ihr Versteck freilegte, starrten wir einander an und ihr kindliches Glucksen erstarb augenblicklich. Diesen Schreck in ihren Augen zu sehen, den sie bei meinem Anblick bekam, tat mir in der Seele weh, aber offenbarte mir erneut meinen eigenen Grund für dieses seltsame Panikgefühl, welches mich seit dem Vorfall im Süßwarenladen befallen hatte.

Ich wollte sie mit meinem Kummer nicht belasten, also schluckte ich schnell den Kloß im Hals im hinunter, nahm sie sofort hoch und drückte sie ganz fest an mich. Mit vielen lieben Worten der Beruhigung schaffte ich es, dass sie nicht anfing zu weinen, sonst hätte ich bestimmt auch meine Tränen nicht mehr zurückhalten können.

Unsinnige Tränen wohlgemerkt. Um dich. Aber die Suche brachte eben meinen Plan für den Sonntag durcheinander und alles, was ich hätte schreiben wollen, entfiel mir. Ich dachte dann, der Gang zur Ostermesse in die Kirche würde mir Zuversicht geben, aber es war zu frisch in der Halle innerhalb der steinernen Mauern und die Holzbänke in den Reihen zu unbequem, als dass ich mich auf das monotone Gerede des Geistlichen einlassen konnte.

Aber spätestens heute Morgen beim Backen des Kuchens namens „Colomba Pasquale", der sogenannten Ostertaube realisierte ich, dass mich dieses Thema nicht losließ. Zwei dieser Hefekuchen verbrannten mir im Ofen. Und wenn ich nicht rechtzeitig zu mir gekommen wäre, hätte ich womöglich noch alles in Brand gesteckt. Aber ein bisschen war das Glück doch an meiner Seite, da es mehr nach kandiertem Zucker roch als nach verbrannter, schwarzer Asche. Lediglich an den Rauchwolken tat ich Mühe, diese durch die aufgerissenen Fenster zu fächern, bevor Robert etwas bemerken konnte.

Natürlich ein recht verzweifelter Versuch – haben wir doch eine zum Essbereich gerichtete, offene Küche. Als ich mich umdrehte, saß Robert mit einem Glas Rotwein aus der Kellerei des Restaurants, den er für das später geplante Essen verkostete, recht baff und skeptisch dreinschauend am Tisch. Wielange saß er da wohl schon?

„Neiiiin, ich brauche keine Hilfe!“, meinte ich mich wieder dem Backblech zuwendend. Er sagte nichts, hob nur seine Hand wie Augenbraue und nippte weiter an seinem Wein. Selbstverständlich konnte ich es in seinem Kopf lautstark rattern hören. Ich machte mir darüber Gedanken, wie ich es ihm sagen könnte oder ob ihn überhaupt einweihen sollte.

Die Furcht, ich könnte mit meiner panikmachenden Theorie rechtbehalten, dass es tatsächlich mein damaliger Entführer, der mir nun auflauere, umklammerte mich jedoch sehr stark und ließ mich in meinem Vorhaben zweifeln.

Sofern es heute Abend einen ruhigen Moment geben sollte, werde ich ihn zur Seite nehmen und ihm davon erzählen. Lieber mit dem Wissen, dass das Haus voll mit lieben Menschen ist, die halt das angerichtete Oster-Büfett leer räumen und ihren Spaß haben, als danach in stiller Düsternis allein mit meinem mal wieder um seine Ehefrau besorgten Mann, wo mir die Schatten in den Ecken der Wohnung auflauern und mich am Sprechen hindern. Dann kommt mir das Ganze vielleicht weniger wie ein Gruselfilm vor, der vom Psychoterror seiner Probanden lebt.

Verdammt nochmal, es ist doch Ostern… und es klingelt bereits an der Tür!

Deine